Sozialpsychologin verrät: Wie wir gegen Ungerechtigkeiten aktiv werden können

Beobachten wir im Alltag Fehlverhalten, schauen wir häufig weg. Jemand anderes würde doch sicher helfen, wenn es ernst wäre!? Warum das der falsche Angang ist und wie du selbst aktiv werden kannst.

Jan 22, 2025 - 14:59
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Sozialpsychologin verrät: Wie wir gegen Ungerechtigkeiten aktiv werden können

Beobachten wir im Alltag Fehlverhalten, schauen wir häufig weg. Jemand anderes würde doch sicher helfen, wenn es ernst wäre!? Warum das der falsche Angang ist und wie du selbst aktiv werden kannst.

Auf der Straße pfeifen zwei Männer einer jungen Frau hinterher, die sich sichtlich unwohl fühlte. Im Büro bekommst du mit, wie eine Kollegin über die Herkunft des neuen Mitarbeiters spekuliert und ihn im Alltag größtenteils ignoriert. Zwei Szenarien, eine Frage: Was tust du? 

Bei vielen wäre die Antwort: nichts. Das ist kein Vorwurf – auch ich scheue Konfrontationen und halte mich gerne raus. Warum wir so oft nur zugucken, erklärt das Phänomen des Zuschauer-Effekts. Fünf Stufen durchlaufen wir demnach, bis wir jemandem wirklich helfen. Dabei fragen wir uns unter unterem: Ist es ein Notfall? Habe ich die Kompetenz, zu helfen? Welches Risiko besteht für mich? Auf jeder Stufe werden mehr und mehr Menschen verloren, die eingreifen könnten.

Das Fatale daran wird sofort offensichtlich: Hilft niemand, wird sich nichts ändern. Weder die Männer noch die Kollegin hinterfragen ihr Verhalten. Oder noch schlimmer, sie fühlen sich sogar bestätigt. "Stillsein signalisiert Zustimmung", erklärt die Sozialpsychologin und Forscherin Christiane Büttner. "Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Schweigen oft als Zustimmung interpretiert wird. Daher ist es wichtig, passives Verhalten zu vermeiden und aktiv Stellung zu beziehen." Nur wie?

Wie wir, statt nur zuzuschauen, aktiv werden: 4 Tipps der Expertin

1. Mache das Verhalten sichtbar

Nehmen wir im Alltag ein Fehlverhalten wahr, beispielsweise soziale Ausgrenzung, sollten wir es nicht ignorieren, sondern sichtbar machen. "Für die Betroffenen ist es oft schwer, Ausgrenzung anzusprechen, da sie ja 'nur' ignoriert werden und die 'Täter:innen' das sehr einfach auf nicht-verwerfliche Gründe schieben können", sagt die Expertin. Sie könnten zum Beispiel behaupten, dass sie nur vergessen hätten, eine Person zu einem Termin einzuladen. 

Was wir tun können: "Wenn Sie beobachten, dass jemand ausgeschlossen wird, benennen Sie das Verhalten gegenüber den Betroffenen – beispielsweise mit einer Frage wie: 'Kann es sein, dass XY dich ignoriert?' oder 'Mir fällt auf, dass du nicht einbezogen wirst – wie kann ich helfen?'" 

2. Biete möglichst konkrete Hilfe an

Dabei sei es laut Büttner am besten, die Unterstützung nicht zu allgemein, sondern möglichst konkret anzubieten. Statt "Sag Bescheid, wenn du etwas brauchst", rät die Sozialpsychologin zu Fragen wie: "Soll ich mit den anderen sprechen?“ oder "Möchtest du dich zu mir setzen?"

3. Beziehe Stellung durch deine Reaktion

Es wird bereits deutlich: Wir sollten auf keinen Fall wegschauen, sondern reagieren. Was wir tun können und auch wollen, ist aber situationsabhängig. Büttner macht auf mehrere Möglichkeiten aufmerksam: "Zeigen Sie durch Ihre Reaktion, dass Sie Ausgrenzung, Diskriminierung, Sexismus, und Rassismus nicht akzeptieren. Das kann bedeuten, direkt einzugreifen, eine ablehnende Haltung gegenüber unangebrachtem Verhalten zu zeigen oder auch andere Personen darauf aufmerksam zu machen."

4. Handle mit Unterstützung

Es ist okay, wenn wir uns nicht trauen, allein einzuschreiten. Bei den zwei Männern auf der Straße, bei einer Vorgesetzten, bei körperlich Überlegenden. Doch statt deshalb wegzugucken, rät die Sozialpsychologin in diesem Fall: "Wenn Sie unsicher sind, allein einzugreifen, suchen Sie Unterstützung. Oft trauen sich Menschen eher, aktiv zu werden, wenn sie wissen, dass sie nicht allein sind. Sprechen Sie andere an, um gemeinsam zu handeln."

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