Discounter: Tchibo gegen Aldi Süd: Darf man mit Kaffee Geld verlieren?
Der Discounter Aldi Süd hat seinen Kaffee regelmäßig unter Einstandskosten verkauft. Kaffeeröster Tchibo hatte dagegen geklagt – verlor nun aber vor Gericht
Der Discounter Aldi Süd hat seinen Kaffee regelmäßig unter Einstandskosten verkauft. Kaffeeröster Tchibo hatte dagegen geklagt – verlor nun aber vor Gericht
In einem Rechtsstreit um Kaffeepreise mit Aldi Süd hat der Handelskonzern Tchibo eine Niederlage kassiert. Das Landgericht Düsseldorf wies eine Unterlassungsklage des Unternehmens gegen den Discounter ab (Az.: 14 d O 14/24). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Kaffeeröster hatte Aldi Süd vorgeworfen, seit Ende 2023 regelmäßig Kaffees seiner Eigenmarke Barissimo unter Einstandspreis und damit zu billig angeboten zu haben. Dies schade dem Wettbewerb und den Verbrauchern, Aldi verstoße gegen das Gesetz, hieß es. Tchibo wollte dem Discounter gerichtlich verbieten lassen, den Kaffee so günstig so verkaufen.
Aus Sicht der Richter war die Klage nicht begründet. Das Vorgehen von Aldi Süd sei kaufmännisch vertretbar, sagte eine Gerichtssprecherin. In dem Fall liege keine Gefahr vor, dass der Wettbewerb beeinträchtigt werde. Auch sei keine Absicht erkennbar, andere Unternehmen vom Markt zu verdrängen. Aldi Süd begrüßte die Entscheidung. Tchibo will das Urteil prüfen. „Wir werden unsere Position im Zweifelsfall durch mehrere Instanzen verteidigen“, sagte ein Sprecher.
Aldi lässt Kaffee selbst produzieren
Der Einstandspreis umfasst den Einkaufspreis einer Ware sowie alle Nebenkosten wie Verpackung, Versicherung und Fracht. Aldi Süd hatte die 1-Kilo-Packung zwischenzeitlich für weniger als vier Euro verkauft. Allein die Kaffeesteuer für Röstkaffee beträgt aber 2,19 Euro je Kilogramm. Der Discounter lässt seinen Kaffee von seinem Tochterunternehmen New Coffee produzieren. In diesem Fall sind für Kartellrechtler nicht länger die Einstandspreise entscheidend, die Zwischenhändler im Einkauf verlangen, sondern die sogenannten Herstellungskosten, die bei der eigenen Produktion entstehen. Darauf verwies auch Aldi im Verfahren.
Händler im Lebensmitteleinzelhandel arbeiten mit Mischkalkulationen. Bei einigen Artikeln sind die Margen höher, andere sind gering kalkuliert. Dies dient dem Zweck, mehr Kunden in die Märkte zu locken und die Verkaufsmenge zu erhöhen. Sogenannte Eckpreisartikel wie Kaffee, Milch oder Butter haben eine besondere Zugkraft, weil Kunden bei ihnen besonders auf die Preise achten.
Überraschend ist das Urteil für viele Wettbewerbsrechtler daher kaum: Mit der gleichen Argumentation von Tchibo, müsste man auch hinterfragen, warum Supermärkte ihre Parkplätze kostenfrei anbieten. Auch diese verursachen schließlich Kosten in letzter Linie. Selbst wenn Aldi Süd mit seinem Kaffee also Verluste schreiben würde, könnte man dies auch als Marketing bewerten, um andere, höhermargige Produkte, zu bewerben.
Preisanstieg beim Kaffee erwartet
Der Düsseldorfer Kartellrechtler Johann Brück findet es zwar „seltsam“, dass Rohkaffee auf dem Weltmarkt teurer ist als die Bohnen von Aldi. Der Discounter nehme schließlich offensichtlich Verluste in Kauf, das sei aber nicht grundsätzlich verboten. „Einen Einstandspreis hat Aldi bei seinen Eigenmarken gar nicht, weil Aldi diese selbst herstellt oder für sich in Lohnproduktion herstellen lässt“. Die Geschädigten seien die Erzeuger. Bei derartigen Preisen sei es nicht möglich, faire Anbaubedingungen und Löhne in den Herkunftsländern sicherzustellen.
Kaffeehändler und -röster erleben herausfordernde Zeiten. Im vergangenen Jahr sind die Rohkaffeepreise um rund 70 Prozent gestiegen. Hauptgrund dafür sind Experten zufolge unter anderem schlechte Ernten im wichtigsten Erzeugerland Brasilien. Erwartet wird, dass Verbraucher für Kaffee bald tiefer in die Tasche greifen müssen. Tchibo hatte zuletzt bereits angekündigt, dass weitere Preiserhöhungen unumgänglich seien.
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